Gentechnik bleibt Gentechnik

Der Europäische Gerichtshof macht der Gentechnik-Industrie einen Strich durch die Rechnung

Mit Spannung wurde das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur rechtlichen Einstufung neuer Gentechnik-Verfahren, sogenannter Mutagenese-Methoden wie CRISP/Cas und Co. erwartet. Derartige Methoden sind derzeit bei Züchtern groß in Mode, da sie mit vergleichsweise wenig Aufwand und vor allem sehr schnell gezielte Veränderungen des Erbguts von Pflanzen ermöglichen. Entsprechend stark war und ist die Lobby der Agrarindustrie, diese Verfahren nicht extra kennzeichnen und auch keine speziellen Zulassungsverfahren durchlaufen zu müssen.

Das Urteil des EuGH ist jedoch eindeutig. Demnach stuft der EUGH diese Verfahren zweifelsfrei als Gentechnik ein, mit der Folge, dass Sorten, die mit den entsprechenden Verfahren gezüchtet wurden, als solche gekennzeichnet, und dass sie ein entsprechendes Zulassungsverfahren durchlaufen müssen.

 

Und das ist gut so!

Zwar ist in den so gezüchteten Sorten kein artfremdes Erbgut nachweisbar, und damit können solche Pflanzen auch nicht über das Erbgut als gentechnisch verändert  identifiziert werden. Dennoch wurden sie mit Hilfe eines gentechnischen Verfahrens gezüchtet und dies muss letztendlich auch eine entsprechende Deklaration und vor allem entsprechende Zulassungsverfahren zur Folge haben.


Der EuGH hat ein Urteil gefällt über die rechtliche Einstufung von Züchtungsverfahren und damit für die notwendige Transparenz im Sinne des vorbeugenden Verbraucherschutzes gesorgt. Der EuGH hat jedoch kein Urteil gefällt über Pro oder Contra von Gentechnik.
Die Gegner einer solchen Einstufung hatten insgeheim darauf gehofft, dass derart gezüchtete Sorten ohne entsprechende Deklaration und Zulassungsverfahren auf den Markt gebracht werden können. Faktisch wäre damit einer unkontrollierten Unterwanderung des Lebensmittelmarktes mit gentechnisch veränderten Lebensmittel Tür und Tor geöffnet worden. Dass dies letztendlich das Ziel vieler Lobbyisten war, um damit der Gentechnik insgeheim zum „Durchbruch“ zu verhelfen, kann man ruhig unterstellen, ohne sich eine Verleumdungsklage einzuhandeln. Jetzt müssen sie hingegen den mühsamen Weg gehen, die Verbraucher/-innen von ihren Produkten zu überzeugen (was andere übrigens auch müssen).

 

 

Die Aufregung um das Urteil ist daher groß. Von Behinderung der Züchtung ist die Rede. Auch wird die aktuelle Dürreperiode in der Debatte mißbraucht und argumentiert, dass diese Züchtungsverfahren uns hitzeresistente Pflanzen bescheren und damit überhaupt erst die Lebensmittelversorgung auch zukünftig sicherstellen können. Doch diese Argumente bringt die Gentechnikindustrie seit Jahrzehnten. Die tatsächlichen Züchtungsergebnisse sprechen hingegen eine andere Sprache. Entstanden sind vor allem herbizidresistente Pflanzen, die letztendlich zu noch mehr Pflanzenschutzmitteleinsatz geführt haben.

 

Fortschritt sieht anders aus!

 

 

Meine (subjektiven und aus wissenschaftlicher Sicht sicher nicht belastbaren) Beobachtungen in diesem trockenen „Hitzejahr“ waren hingegen andere. So haben z.B. gleiche Kulturen auf langjährig ökologisch bewirtschafteten viel länger der Trockenheit getrotzt als auf benachbarten konventionell bewirtschafteten Flächen. Dies läßt sich auch relativ einfach damit erklären, dass der Boden in einem deutlich besseren Zustand ist, weniger verdichtet ist, ein besseres Porengefüge und eine deutlich höhere Aktivität von Bodenlebewesen hat. Dadurch können sich die Pflanzen einen größeren Wurzelraum und letztendlich auch mehr Nährstoffe und Wasser erschließen.
Mir zeigt dies, dass es in der Landwirtschaft auf die Stabilität eines ganzen Systems ankommt. Wer glaubt, die Herausforderungen der Zukunft mit der Veränderung einzelner Gensequenzen bewältigen zu können, ist hingegen gewaltig auf dem Holzweg.