Die Landflucht der Bienen

Nicht nur die Menschen zieht es immer mehr in die Stadt, sondern auch die Bienen. Diesen Eindruck kann man gewinnen, wenn man sich die Entwicklung der Bienenvölker und die der Imkereien anschaut. Deren Anzahl steigt nämlich erfreulicherweise seit einigen Jahren wieder an. Und dabei erlebt vor allem das Imkern in der Stadt einen regelrechten Boom.

Bienenhaltung in der Stadt, ist das nicht aber ein Widerspruch in sich?

 


Doch tatsächlich bringen Stadtbienen erstaunliche Erkenntnisse ans Licht und sagen einiges aus über Art und Zustand unserer Umwelt und der Vegetation in der Stadt und auf dem Land. So ist beispielsweise die Qualität des Honigs von Stadtbienen, gemessen an der Menge an Umweltgiften, häufig deutlich besser als der von Bienen vom Land. Außerdem zeichnen sich Stadthonige durch ein breiteres Aromenspektrum aus als Landhonige. Bei genauerer Betrachtung finden sich jedoch schnell Gründe dafür.

Auf dem Land gibt es kaum noch ungenutzte Areale, auf denen sich eine breite Blütenvegetation entwickeln kann. Feldraine und Hecken sind stark zurück gedrängt. Auf den genutzten Flächen wechseln sich nur wenige Kulturen im Laufe eines Jahres ab, wovon wiederum nur wenige Bienen überhaupt Nahrung in Form von Pollen und Nektar bieten. Unkräuter sind in der Regel zudem totgespritzt, so dass die Bienen auch in den Kulturpflanzenbeständen kaum Nahrung finden. Hinzu kommt der flächendeckende Einsatz von Pestiziden, die zum Teil gerade in der Zeit der Blüte (Bsp. Raps) ausgebracht werden. Diese schädigen nicht nur die Bienen, sondern deren Rückstände finden sich entsprechend dann auch im Honig wieder.

Die Stadt hingegen bietet die ganze Vegetationsperiode über ein sehr breites Angebot an Blühpflanzen, angefangen in Parks und Grünanlagen, auf Balkons und Terrassen bis hin zu Haus- und Dachgärten. Und all das wächst fast ohne Pestizideinsatz. Erstaunlicherweise können Stadtbienen auch locker beim Honigertrag mit Ihren Artgenossen auf dem Land mithalten, und das selbst mit dem Raps, der als ertragsstärkste Tracht gilt.  Die Pflanzenvielfalt spiegelt sich auch entsprechend in der Aromenvielfalt wieder. Linde, Kastanie und Robinie, gepaart mit einem Hauch Begonie und Petunie. Wo sonst kann man dies finden?
So erfreulich diese städtische Entwicklung für die Bienen ist, so nachdenklich stimmt doch diese in Bezug auf das Land. Wie weit ist die Entwicklung schon fortgeschritten, wenn sich die Nahrungsmittelproduktion wie am Beispiel des Honigs vom Land in die Stadt verlagert und in der Stadt sogar gesünderer Honig produziert werden kann. Für das Land und damit die Entwicklung der Landwirtschaft, die hierfür ja verantwortlich ist, ist dies ein Armutszeugnis. Es ist daher höchste Zeit für eine Kehrtwende hin zu mehr Pflanzenvielfalt und weniger Pestizideinsatz in der Landwirtschaft. Die Bienen liefern dafür die besten Argumente.